Am 10. Mai 2020 wurde eine Solidaritätskundgebung für die Menschen, die in der Messehalle untergebracht sind, abgehalten. Dort hatten die Bewohner*innen gegen ihre Unterbringungsbedingungen protestiert. Sie wurden dorthin gebracht nachdem positive Corona Fälle in der Flüchtlingseinrichtung Erdberg bekannt wurden.
Einen Bericht darüber findet ihr auf der Seite von Rückkehrzentren schließen.
Auch wir von Sommerpaket waren vor Ort und haben uns solidarisch gezeigt. Nicht nur die Probleme die durch die Art der Unterbringung sondern auch die Probleme wie mangelnde Informationen für Mitarbeiter*innen und Klient*innen, mangelde Einbindung in – und Mitsprache bei Entscheidungen, … all das sind Ungerechtigkeiten die auch wir aus unserem Arbeitsalltag kennen.
Wir haben uns mit folgendem Redebeitrag an der Kundgebung beiteiligt:
Wir von der Initiative Sommerpaket sind ein Zusammenschluss aus Basismitarbeiter*innen der Wohnungslosenhilfe Wien. Wir haben die Fälle in Bergheim, Traiskirchen und nun Erdberg verfolgt. Denn auch wir arbeiten in Sammelunterkünften, Notschlafstellen und Tageszentren. Und so sind wir mit einer ähnlichen Problemlage konfrontiert, wie unsere Kolleg*innen in Erdberg.
Unsere Klient*innen schlafen oft in Mehrbettzimmern, teilweise sogar in Schlafsälen. Sie müssen sich in Reihen für die Essensausgabe anstellen, mit vielen weiteren Personen eine Toilette und Dusche teilen, und sitzen in Aufenthaltsräumen in Gruppen beieinander… auch wir haben statt Home Office permanenten engen Kontakt mit Kolleg*innen und können Interaktionen mit Klient*innen nicht vermeiden – sei es bei Konfliktlösung, medizinischen Notfällen oder aufgrund der räumlichen Gegebenheiten. Entsprechende Schutzmaßnahmen sind nach wie vor unzureichend vorhanden. So schaut die Realität bei uns aus. Uns war sehr schnell klar, welche Gefahr das birgt. Unsere Warnungen vor dem immensen Infektionsrisiko wurden schlicht und ergreifend nicht ernst genommen – und das, obwohl unsere Klient*innen zu DER Hochrisikogruppe gehören! Auch viele Kolleg*innen, die zur Risikogruppe gehören, wurden nicht vom Dienst freigestellt. Die Krise zeigt deutlich, für wen Gesundheit möglich gemacht wird und für wen nicht.
Als Initiative haben wir schon früh sowohl die Öffnung von Hotels als auch die dezentrale Unterbringung in Wohnungen auf freiwilliger Basis gefordert, um ein derartiges Schreckensszenario erst gar nicht wahr werden zu lassen. Stattdessen wurde von oben hochtrabend an Krisenplänen gearbeitet, über die uns niemand wirklich aufklären konnte. Und jetzt offenbart sich auch, wie wenig durchdacht diese sind. Statt nach echten Lösungen zu suchen, die eine sichere und menschenwürdige Unterbringung ermöglichen, halten sie an ihrem provisorischen und unverantwortlichen Krisenmanagement fest.
Die Menschen werden von einem Massenquartier ins nächste geschoben, unzureichend darüber informiert, was mit ihnen geschieht. Das hierarchische Vorgehen und die fehlende Transparenz sind entmündigend! Die Bewohner*innen der Messe werden nicht nur einem enormen Gesundheitsrisiko ausgesetzt, sondern auch jeglicher Privatsphäre und Autonomie beraubt. Der strukturell verankerte Rassismus zeigt sich hier wieder einmal besonders deutlich, indem geflüchteten Personen fundamentale Rechte abgesprochen werden.
Als Mitarbeiter*innen stehen wir zudem vor der unlösbaren Aufgabe, dass unsere Ansprüche auf einen solidarischen und gleichberechtigten Umgang mit unseren Klient_innen nicht umzusetzen sind mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingugen – der Struktur und der Politik der Verantwortlichen. Das ist zu den prekären Arbeitsbedingungen eine zusätzliche Belastung.
Umso wichtiger ist es, dass wir Kolleg*innen an der Basis uns vernetzen um für unsere und die Rechte unserer Kliet*innen zusammen einstehen.
Wir unterstützen die Forderungen der Bewohner*innen im Messe Quarantäne-Lager und möchten uns solidarisch mit ihnen zeigen. Denn Sammelunterkünfte – ob Massenunterkünfte für Geflüchtete, Notquartiere oder Lager: sie alle sind menschenunwürdige Formen der Unterbringung. Schon in der Zeit vor der Pandemie widersprachen sie dem Menschenrecht auf Wohnen. Jetzt, in der Corona-Krise, verschärft sich die Lage durch das Infektionsrisiko. Wir können daher unsere Forderung nur wiederholen: Hotels auf und Wohnungen her für alle!
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