Perspektiven und Gedanken zum Ausgang der Wahl am Sonntag

Wir als radikale Linke sind uns einig, dass ein Wahlsieg der FPÖ am Sonntag mit drastischen Einschnitten und Verschlechterungen einhergehen wird und es diesen zu verhindern gilt. 
Allerdings halten wir es für wichtig festzuhalten, dass es unterschiedliche Betroffenheiten gibt und dass diese Einschnitte, bestimmte Personengruppen in unserer Gesellschaft härter treffen werden als andere. Ein Blick in die Vergangenheit genügt, um sich dessen bewusst zu werden. 
Zunahme von Repressionen
Während der letzten schwarz-blauen Regierungsperiode konnten wir beobachten, dass der staatliche Repressionsapparat – manchen nennen es auch Polizei – massiv ausgebaut wurde. Es kam vermehrt zu ID-Kontrollen und Personenfeststellungen. Betroffen von diesen rassistischen Schikanen waren zumeist marginalisierte und migrantisierte Personengruppen. Wir erleben nach wie vor, dass mit diesem gezielten Einsatz der Cops, Menschen von Orten im öffentlichen Raum vertrieben werden, an denen sie als störend empfunden werden. Dies ist zurzeit auch vermehrt bspw. auf der Mariahilfer Straße wahrnehmbar – und das bereits vor der Wahl. 
Kriminalisierung von Armut
In vielen Bundesländer gab und gibt es Bettelverbote, mit denen Menschen nicht nur vertrieben und an der zumeist einzigen Möglichkeit gehindert werden, in diesem Land ein Einkommen zu generieren. Nein, sie werden dadurch auch noch zu Verbrecher*innen gemacht und werden bestraft.  Des Weiteren wurden von der letzten rechten Regierung immer wieder Sozialleistungen und Personen, die auf solche angewiesen sind, angegriffen. So stand beispielsweise eine Kürzung im Raum und auch über eine Reduktion oder gar Abschaffung des Arbeitslosengeldes wurde diskutiert. Das Ganze passierte mit einer Politik und Rhetorik der Angstmache, des Rassismus und der Hetzerei, in der Personengruppen gegeneinander ausgespielt wurden. Im Zusammenhang mit Sozialleistungen bleibt außerdem zu befürchten, dass es ein System, dass sich an Sachleistungen orientiert oder eine Art Bezahlkarte geben könnte. Deutschland und Niederösterreich haben dies zum Teil schon vorgemacht. 
Streichung von Fördergeldern
Außerdem möchten wir an die zahlreichen Projekte und Initiativen erinnern, die unter der letzten schwarz-blauen Regierung um ihr Fortbestehen bangen mussten, da es zu massiven Kürzungen und Streichungen von Fördermitteln kam. Betroffen waren vor allem Frauen- und Fi*nta+ Projekte sowie queere Projekte, die sich für die Verbesserung dieser Personengruppen einsetzen. Erwähnenswert ist für uns auch, dass es genau für diese Personengruppen an Angeboten in der Wohnungslosenhilfe mangelt, weshalb wir schon lange den Ausbau von spezifischen Angeboten für Frauen und queere Personen fordern. 
Zunahme von Feindseligkeit in der Gesellschaft
Wie oben festgehalten, wurden arme Menschen bekämpft, anstatt Armut zu bekämpfen. Es waren vor allem ohnehin schon marginalisierte, diskriminierte und exkludierte Personengruppen, die unter der rassistischen, antifeministischen und menschenverachtenden Politik der letzten rechten Regierung gelitten haben. Das beängstigende daran ist, dass wir in unserer täglichen Arbeit mit diesen Personengruppen solche Tendenzen auch bereits aktuell erleben, da es immer wieder zu Anfeindungen oder gar Angriffen durch Passant*innen und Anrainer*innen kommt. Wir sehen Rechtsextremismus als gefährliche Zuspitzung von Meinungen und Werten, die in der breiten Gesellschaft mehrheitstauglich gemacht werden.  
Kapitalismus als Problem erkennen
Solange Gesellschaft und vor allem auch Arbeit so organisiert bleibt, wie sie es ist, wird es immer “Verlierer*innen” brauchen. Am Härtesten trifft es die Menschen, denen wir auf der Straße, in den Notquartieren und in den Tageszentren begegnen. Das Kapitalismus-Problem werden wir also auch mit einer Stimme für die Sozialdemokratie nicht lösen. Die Personen, mit denen wir täglich zusammenarbeiten, gehören auch im Roten Wien zu jenen, die durch die Finger schauen müssen. Es braucht schon jetzt zusätzliches Engagement der Personen die im Sozialbereich (für zu wenig Geld) hackeln, um Lücken in diesem menschenverachtenden System zu finden. Bleibt zu befürchten, dass die ohnehin schon unzureichenden Ressourcen noch weiter gekürzt werden und auch dieser Einsatz, in dem Aufgaben des Sozialstaates von Einzelnen übernommen werden, nicht mehr erbracht werden kann oder zusehends mehr daran ausbrennen.
Wohnen und Wohnungspolitik ist für uns ein linkes Kernthema. Die erwähnten Beispiele machen sichtbar, wie unterschiedliche Bereiche hier ineinandergreifen und zeigen einmal mehr die Wichtigkeit, unsere Kämpfe miteinander zu verbinden. Kämpfen wir also gemeinsam: 
Für eine Gesellschaft der Teilhabe statt Ausgrenzung und Unterstützung statt Kriminalisierung!